Das Schauspielkollektiv Protokoll B setzt sich an drei Abenden mit Stücken auseinander, deren Autoren allesamt keine gebürtigen Deutschen sind, aber in der deutschen Sprache schreiben. Alle Autoren haben sich diese, unsere Sprache mühsam aneignen, erarbeiten und einverleiben müssen, um ihren Gedanken Form geben zu können. So können wir mit neuen Augen schauen und erfahren an diesen drei Abenden vielleicht etwas Neues – über uns, dieses neue, alte Land Deutschland und diese komische, neue, alte deutsche Sprache.
Eigens für unseren Literatur-Slam hat die Künstlerin Sybille Neumeyer Fotos, Zeichnungen sowie eine Installation geschaffen. Diese Arbeiten werden begleitend zu den Vorstellungen im »Club der polnischen Versager« ausgestellt.
Abend Eins
»wald/maschinen/schlachthof-gebet«
Lyrik, eine Performance. Uraufführung.
Ein fleischliches Lobgesang, ein sinnliches Hohelied, eine Anklage voller Testosteron, ein notgeiler Gladiatorenschlacht, ein Lied, eine Ode, eine Litanei, ein Gebet für Sie/Ihn/Es. In diesem Text versuchen der Ich und der Du, wer auch immer sie sind, zu überleben. Sie kämpfen für die Liebe, für den Atem, für ihren Platz unter den Sternen, für ihre Position als Mann in dieser Welt, für ihre Seele, für einen Sinn im Leben. Sind es Freunde, Vater und Sohn, eine Person in unterschiedlichen Fasen des Lebens, Liebhaber, Erzfeinde?
Text: Mehdi Moradpour Regie: Richard Gonlag Schauspiel: Fabian Neupert, Richard Gonlag Musik:Munsha, feat. Dennis Depta Choreographie:4RUDE
15. Juni • 19:00 & 21:00 Uhr
Eintritt: 7€ / 5€ Dauer: 40 Minuten
Abend Zwei
»public«
Drama, eine Lesung. Uraufführung.
Es ist eine alte Geschichte, doch bleibt sie immer neu. In »Public« von Richard Gonlag dreht sich alles um Flucht und Stillstand. Im Kreis der Familie sind die Positionen festgefahren und täglich grüßt das Murmeltier. Selbst wenn der Protagonist Gerhard seine Phantasie in die Tat umsetzt und eine Murmel auf dem Treppenabsatz platziert, um seine Schwägerin Ursula einem tödlichen Sturz auszusetzen, bleibt dies nur ein weiterer Versuch, aus dem geliebten Käfig auszubrechen. Ursula hat Frank eingeladen, einen alten Schulfreund ihres kranken Sohnes Lukas, um diesen aus der selbstgewählten Lethargie zu befreien. Doch auch Frank ist nur ein Schatten seiner selbst. »Public« stellt die Trägheit einer Familie infrage und den Kampf, den es braucht, um sich und seinen Bedürfnissen einen Platz zu schaffen.
Text: Richard Gonlag Regie: Alexander Garms Schauspieler: René Erler (Lucas), Richard Gonlag (Gerhard), Verena Marie Kahler (Ursula), Maike Specht (Gerda), Dürten Thielk (Helena), Rasmus Max Wirth (Frank)
16. Juni • 19:00 Uhr
Eintritt: 9€ / 7€ Dauer: 90 Minuten
Abend Drei
»braun«
Prosa, eine szenische Lesung. Berliner Erstaufführung.
Sie sitzen in einem 2,5 Meter mal 3,5 Meter großen Zimmer. Die Decke ist 2 Meter hoch. Eigentlich ein volles Zimmer, das leer wirkt, weil es klein ist. Das Licht ist nur eine kleine Lampe am Tisch, eher kühl, und ein Laptop. Irgendetwas ist passiert. In diesem Zimmer. Sie sitzen nebeneinander, blicken nach vorne. Sie ist Journalistin. Er ist Autor. Sie fragt ihn, wie sich sein Schreiben durch den Krieg verändert hat. Er antwortet: „Soll ich noch einen drehen?“, und wartet ihre Reaktion nicht ab. 40 Kilometer vom Abgrund der Welt entfernt geht es um Erinnerung und ihre Zerstörung, um Identität und ihre Zerstörung, um Übersetzung, Intimität, um Sprache und ihre Unvollkommenheit. Ein Hirnchaos. Der Text sucht nach der Bedeutung der Sprache, der Heimat, der Berufung, der Identität. Er beschäftigt sich mit der Frage der Kommunikation, mit Lebensgeschichten und dem Wunsch, einander und sich selbst zu verstehen.